
8. Der Förderantrag
Ende Juni 2024 endete die Hausversammlung in überraschend guter Stimmung. Alle waren sich einig, dass möglichst rasch eine vertiefende Planung erfolgen solle, um offene Fragen zu klären und das Förderansuchen stellen zu können. Die Hausverwaltung (HV) erklärte abschließend, dass sie die Beauftragung der Detailplanung ohne weitere Zustimmung der WEG durchführen werde.
Kurz darauf nannte ich der HV ein Architekturbüro, von dem ich gehört hatte, dass es vergleichbare Sanierungsprojekte erfolgreich und mit großem Engagement sowie Fachwissen umgesetzt hatte. Ende Juli lag der HV ein Angebot dieses Planungsbüros vor. Danach hörte ich längere Zeit nichts. Als ich im September nachfragte, ob das Büro inzwischen beauftragt worden sei, erklärte die HV, dass ein zweites Angebot nötig sei und man einen weiteren Architekten dazu einladen werde.
Ende Oktober lag schließlich das zweite Angebot vor. Die Preisvorstellungen aller drei Planungsbüros (das Büro für die Haustechnikplanung wurde beibehalten) lagen jedoch offenbar so deutlich über den Erwartungen der HV, dass sie nun doch einen Umlaufbeschluss der Eigentümergemeinschaft für notwendig hielt. Trotz der hohen Kosten stimmten über 70 % der Eigentümer zu, und am 17. November konnte endlich der Auftrag für die Detailplanung an das von mir vorgeschlagene Büro vergeben werden. Die wichtigste Auflage bei der Vergabe war, dass der Förderantrag rechtzeitig bis zum 31.12.2024 eingereicht werden müsse – dementsprechend musste die Planung bis dahin abgeschlossen sein. Keine leichte Aufgabe, angesichts der Vielzahl offener Punkte, die zum Teil die Mitwirkung der Eigentümer erforderten, und der weiterhin unvollständigen Unterlagen. Die Planungsbüros zeigten sich jedoch zuversichtlich, den Termin einhalten zu können.
Die staatliche Förderung
Bereits Ende Juni war klar, dass wir mit unserem Förderantrag unter Zeitdruck standen. Für September waren Nationalratswahlen angesetzt, und es war zu erwarten, dass eine neue Regierung das Förderprogramm „Raus aus Gas und Öl“ nicht ohne Weiteres fortführen würde. Die schwer nachvollziehbaren Verzögerungen der HV von über drei Monaten bei der Auswahl des Planungsbüros stellten daher ein erhebliches Risiko dar.
Die Regierungsverhandlungen kamen im Herbst nur schleppend voran. Am 1. Dezember verkündete das Klimaministerium (BMK), dass die Förderung nicht wie geplant mit 31.12.2024 auslaufen würde, sondern bis Ende 2025 verlängert werde, das Budget sei ausreichend. Diese Nachricht beruhigte uns zwar, dennoch wollten wir am ursprünglich geplanten Abgabetermin Ende 2024 festhalten.
Am 20. Dezember kam dann die überraschende Meldung aus dem BMK: Die Förderung ‚Raus aus Gas und Öl‘ wurde erfolgreich abgeschlossen, das Budget sei erschöpft. Neue Anträge könnten ab sofort nicht mehr gestellt werden. Über eine eventuelle Weiterführung der Förderung werde die neue Regierung entscheiden.
Damit war unser Projekt von einem Tag auf den anderen ernsthaft infrage gestellt. Allein mit der Landesförderung war es nicht finanzierbar – statt der erhofften rund 50 % Förderung war nun nur noch mit etwa 25 % zu rechnen.
Trotzdem setzten die beiden Büros ihre Planungsarbeiten fort – allerdings nicht mehr im gleichen Tempo. Einige Fragen waren komplizierter zu beantworten als erwartet, andere tauchten unerwartet neu auf. Zudem machten es technische Weiterentwicklungen möglich, bei Heizung und Warmwasserbereitung einen deutlich verbesserten Ansatz zu verfolgen.
Ich selbst hatte inzwischen einen Blog online gestellt, um meine Miteigentümer zeitnah über aktuelle Entwicklungen zu informieren. Den Zugriffszahlen und einigen Rückfragen nach zu urteilen, wurde diese Form der internen Kommunikation gut angenommen.
Detaillierte thermische Sanierung
Anfang Januar lag das Ergebnis vor: Für die Terrassen wurde eine Lösung mit hochdämmendem Material gefunden, sodass eine zu hohe Stufe beim Austritt vermieden werden konnte. Auf nochmalige Nachfrage hin wurde mit der Hausverwaltung geklärt, dass – wie gesetzlich vorgeschrieben – die Fenster zur Außenwand und damit zum allgemeinen Teil des Hauses zählen. Der Fenstertausch im Zuge der Sanierung muss also von der WEG getragen werden. Zur Erinnerung: Die Förderstelle verlangt, dass mindestens 70 % der Fenster getauscht werden, um eine höhere Förderung zu erhalten. Die neue Regelung könnte daher zu mehr Zustimmung beim Fenstertausch führen.
Leider stellte sich heraus, dass 2008 bei der Dämmung der Hoffassade die Balkone und Loggien aus Kostengründen nicht berücksichtigt wurden. Unser Architekt wies darauf hin, dass dadurch Wärmebrücken entstehen könnten, die zu Schimmelbildung führen. Eigentlich müsste auch die Hoffassade gemäß ÖNORM saniert werden, was jedoch eine erhebliche Kostensteigerung zur Folge hätte.
Nutzfläche und Nutzwert
Dann waren noch ganz andere Probleme zu lösen: Es stellte sich heraus, dass die Maße in den Ausführungsplänen nicht mit den tatsächlich gemessenen Werten übereinstimmten. Für die Förderung sind jedoch exakte Angaben über die Nutzfläche des Hauses erforderlich. Auch bei der Aufteilung der Investitionskosten spielen die Nutzflächen der Wohnungen eine entscheidende Rolle.
Hinzu kam, dass in unserem Haus eine „Altlast“ bei den Nutzwerten der Wohnungen besteht. Der Nutzwert wird nicht nur nach der Quadratmeterzahl berechnet, sondern auch nach Lage und Ausstattung der Wohnung. Für bestimmte Merkmale gibt es Zuschläge, für andere Abschläge. Wohnungen im Erdgeschoss mit Straßenseite werden niedriger bewertet als solche mit Hofruhelage. Auch für Balkone, Loggien und Terrassen gibt es Zuschläge.
Unser Haus wurde 1963 ohne Lift errichtet – und für das Stiegensteigen in den vierten Stock erhielten die Dachgeschosswohnungen einen erheblichen Abschlag beim Nutzwert. 1996 wurde ein Lift eingebaut, jedoch versäumte es die WEG aus Unwissenheit, die Nutzwerte entsprechend anzupassen. Für eine Neuparifizierung hat man bei Umbauten nur ein Jahr Zeit; danach ist für eine Änderung Einstimmigkeit erforderlich.
Fazit: Die tatsächlichen Wohnflächen wichen – meist nach unten – von den Plänen ab, und die veralteten Nutzwerte führten dazu, dass einige Eigentümer deutlich bevorteilt und andere benachteiligt wurden.
Die einzige Lösung war eine Neuparifizierung – verbunden mit zusätzlichen Kosten und nur durch einen einstimmigen Beschluss möglich. Zwei weitere Anlassfälle machten eine Neuparifizierung ebenfalls notwendig: der Verkauf der ehemaligen Hausmeisterwohnung, die einen wesentlichen Beitrag zur Finanzierung der Sanierung leisten sollte, sowie die teilweise Umwidmung und der Umbau der Garage in ein Büro. Für die Hausmeisterwohnung lag bereits seit längerer Zeit ein angemessenes Kaufangebot des unmittelbaren Nachbarn vor. Der Umbau der Garage würde nicht nur zu einem höheren Nutzwert führen, sondern auch die Dämmung der Kellerdecke erleichtern und vergünstigen.
Das Dilemma lautete nun: Wovon reden wir da überhaupt? Was bedeutet die Änderung der Nutzwerte konkret? Wie wirkt sich das auf den Wohnungswert und den Anteil an den Investitionskosten aus? Wer zahlt künftig mehr, wer weniger? Eine überschlägige Schätzung reichte hier nicht – eine Fachperson musste her. Die Hausverwaltung weigerte sich jedoch, ein Budget für die dafür anfallenden Kosten bereitzustellen. Nach einigem Hin und Her gelang es mir, mit der Gutachterin ein Honorar für die Berechnung der Nutzwerte zu vereinbaren und die beiden Eigentümer, die am meisten profitieren würden – der Garagenbesitzer und der Kaufinteressent der Hausmeisterwohnung – zur Übernahme der Kosten zu bewegen.
Immerhin hatten wir dann bald eine Übersicht über die tatsächlichen Nutzflächen und -werte und konnten berechnen, was dies für die jeweiligen Wohnungen bedeutete. Für die meisten Wohnungen war der Nutzwert geringer – dementsprechend auch ihr Anteil an den Investitionskosten. Bei einigen Wohnungen änderte sich kaum etwas. Die Wohnungen im Dachgeschoss wurden hingegen deutlich höher eingestuft. Sie würden nicht nur bei der Sanierung deutlich mehr zahlen müssen, sondern auch bei den laufenden Betriebskosten.
Überraschenderweise waren die Eigentümer im Dachgeschoss zwar nicht begeistert, erklärten sich aber letztlich mit den höheren Kosten und einer Neuparifizierung einverstanden.
Das überarbeitete technische Konzept
Für Heizungsanlage (HZ) und Warmwasserbereitung (WW) entwickelte unser Planungsbüro einen völlig neuen Ansatz: eine Kombination aus Erdsonden, einer zentralen Wärmepumpe im Keller und dezentralen Mini-Wärmepumpen in den Wohnungen, die sowohl heizen als auch WW bereiten. Der große Vorteil: Wärmeverluste – auch bei gut gedämmten Leitungen immerhin bis zu 30 % – können so nahezu vollständig vermieden werden.
Statt warmes Wasser zentral zu erzeugen und zu verteilen, wird nun von der Wärmepumpe im Keller lediglich ca. 20 °C warme Sole durchs Haus in die Wohnungen geleitet. Dort wird sie von der Mini-Wärmepumpe jeweils auf die benötigten Temperaturen für Heizung und WW gebracht. Auch eine zentrale WW-Erzeugung hätte das Problem der Wärmeverluste nicht gelöst. Die neue Rohrleitung muss nicht einmal besonders gedämmt werden. Die zentrale Wärmepumpe arbeitet sehr effizient: Sie hebt die Temperatur der Sole von ca. 10 °C (aus den Erdsonden) auf ca. 20 °C – mit einem realistischen COP von etwa 5. Die Mini-WP in den Wohnungen muss die Temperatur dann nur noch um 30–35 °C erhöhen, um die benötigte Wärme bereitzustellen.
Warmes Wasser muss nicht ständig mit 60 °C bevorratet werden, zur Legionellenvermeidung reicht es, den Speicher in den Wohnungen alle paar Tage auf höhere Temperaturen zu bringen – das leisten auch elektrische Heizdrähte im Speicher.
Das neue System spart enorm viel Energie. Unser Heizungsplaner hat drei Mal nachgerechnet, ob der errechnete Wert – lediglich 25 % des bisherigen Energieverbrauchs – stimmen kann. Zumindest auf dem Papier scheint es zu funktionieren. Hinzu kommt: Die mittlerweile über 60 Jahre alten Rohrleitungen zeigen bereits erhebliche Ermüdungserscheinungen, es ist sehr wahrscheinlich, dass sie in wenigen Jahren getauscht werden müssen. Das sollte besser geschehen, bevor es zu einem ersten Rohrbruch kommt – womöglich mitten im Winter.
Die zweite Infoveranstaltung
Mitte Februar 2025 fand eine weitere Informationsveranstaltung für die Eigentümer statt – mit nochmals gestiegener Teilnahme. Ich hatte wieder eine Zusammenfassung der bisherigen Planungen aus Eigentümersicht auf unserem Blog veröffentlicht. Den Zugriffszahlen zufolge hatten nahezu alle Eigentümer meine Texte gelesen und waren entsprechend gut vorbereitet.
Die Hausversammlung verlief in sehr guter Stimmung. Es gab nur wenige (verdächtig wenige) Rückfragen oder Einwände zu den Vorschlägen der beiden Planer. Lediglich die Verdoppelung der Projektkosten – von einer auf zwei Millionen Euro – sorgte für etwas Unruhe. Ohne staatliche Förderung war das Projekt in dieser Dimension nicht mehr zu finanzieren. Der Architekt konnte mit dem Hinweis beruhigen, dass die hohen Kosten als Förderbasis angesetzt seien, um die maximal mögliche Förderung zu erzielen – eine nachträgliche Erhöhung der einmal gewährten Förderhöhe sei nämlich nicht möglich.
Einigkeit bestand in der WEG, dass der Förderantrag jetzt so rasch wie möglich gestellt werden sollte. Die Errichtung einer PV-Anlage wurde einstimmig beschlossen, um noch von der bis April gültigen Umsatzsteuerbefreiung zu profitieren. Die kurzfristig eingeholten Angebote erwiesen sich jedoch als wenig attraktiv und als WEG hätten wir lediglich 10 % USt gespart, während die höhere PV-Förderung der Stadt Wien weiterhin aufrecht blieb. Daher wurde vorerst auf die Errichtung verzichtet.
Dass die auffallend positive Stimmung nicht lange anhalten würde, zeigte sich leider schon kurz darauf. Die hohen Kosten, der große Umfang der geplanten Maßnahmen und vor allem die durch die Politik verursachte Unsicherheit bei den Förderungen, mediale Aufmerksamkeit und kritische Stimmen zur bisherigen Klimapolitik sorgten für Unruhe in der WEG. Einige Eigentümer, die nicht an der Hausversammlung teilgenommen hatten, nutzten die Gelegenheit, um ihre Ablehnung des Sanierungsprojekts zu zeigen. Eine Rückmeldung ließ erkennen, dass die notwendige Einstimmigkeit zur Neuparifizierung schwer erreichbar sein würde. Damit würde das „Geld in der Kasse“ fehlen, um das Projekt zu finanzieren, und eine gerechtere Kostenverteilung wäre nicht möglich.
Überraschend kam diese Haltung von einem Eigentümer, der von der Sanierung und der neuen Kostenverteilung stark profitieren würde. Ein weiterer Eigentümer hat die Errichtung der PV-Anlage beeinsprucht.
Förderantrag gestellt
Der Antrag mit unserem Sanierungskonzept wurde Anfang April 2025 beim wohnfonds eingereicht – und schon wenige Tage später fand ein Vor-Ort-Termin mit der für uns zuständigen Sachbearbeiterin statt.
Auch von der neuen Regierung gab es Neuigkeiten. Nachdem es zunächst so ausgesehen hatte, als würden sämtliche Klimaschutz-Förderungen eingestellt, hat der neue Landwirtschaftsminister zumindest angedeutet, dass das Programm „Raus aus Gas und Öl“ ab 2026 fortgesetzt wird – mit einem jährlichen Budget von 360 Millionen Euro bis 2030.
Zur Erinnerung: Allein in den drei Wochen im Dezember 2024 wurden 500 Millionen Euro an Fördermitteln vergeben. Die Bedingungen für „RaGuÖ-neu“ sind noch nicht bekannt, es ist jedoch zu befürchten, dass Einfamilienhäuser (EFHs) und Mehrfamilienhäuser (MFHs) wieder aus einem gemeinsamen Topf gefördert werden – und dass die Kriterien erheblich verschärft werden. Offenbar soll damit eine „Überforderung“ unbedingt vermieden werden. Die Förderkriterien werden bis Herbst 2025 im Finanzministerium erarbeitet – und das hat, wie man weiß, gerade wenig Spielraum und noch weniger Geld zu verschenken.
Ach ja: Sollten wir die Klimaziele bis 2030 nicht erreichen, drohen Österreich jährlich 5,9 Milliarden Euro an Strafzahlungen an die EU.
Diese Unsicherheiten sind natürlich auch an unserer WEGnicht spurlos vorübergegangen. Die letzte Hausversammlung – mit so vielen Teilnehmern wie noch nie – verlief noch in guter Stimmung. Inzwischen scheint sich jedoch eine Art Gegenbewegung zu formieren: Von jenen, die bei der Versammlung nicht anwesend waren – und von jenen, die zwar anwesend waren, sich aber nicht zu Wort gemeldet hatten. Der Tenor: „Zu groß, zu teuer! Nicht notwendig. Verschieben! In kleinere Projekte aufteilen! Zu viel Unruhe, Lärm und Dreck – und das auf Jahre!“
Die notwendige Einstimmigkeit für den Verkauf der Hausmeisterwohnung, die Umwidmung der Garage und die Neuparifizierung ist mittlerweile mehr als fraglich.
Jetzt, Anfang Juni, haben wir den Bescheid erhalten, dass unserem Förderantrag zugestimmt wurde. In den nächsten Tagen erwarten wir den offiziellen Abschlussbericht dazu. Anschließend werde ich mich mit dem Architekten und dem Techniker zusammensetzen, um zu besprechen, wie es weitergehen kann. Klar ist: Die zuletzt veranschlagten Sanierungskosten von rund zwei Millionen Euro sind ohne staatliche Förderung nicht finanzierbar.
Also stellen sich die Fragen:
• Welche Sanierungsmaßnahmen könnten wir weglassen, ohne die Förderung zu verlieren?
• Welche Maßnahmen sollte oder müsste man trotzdem umsetzen – auch ohne Förderung?
• Warten wir auf die nächste Förderrunde im Jahr 2026? Und unter welchen Bedingungen wird die stattfinden?
Ich hoffe sehr, dass es uns gelingt, einen Plan B zu entwickeln…
Welche Ursachen das überraschende Ende der Förderung „Raus aus Gas und Öl“ hatte, wie aufwändig meine „Ursachenforschung“ dazu war und wie ich versuche, damit umzugehen, dass im Jahr 2025 vermutlich nicht viel weitergehen wird – all das schildere ich im nächsten Blogpost…
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